Stadtplanung

Informationsveranstaltung Gewerbegebiet Haidland – Nachlese

Im letzten Blog-Eintrag auf Z!R wurde die Erweiterung des Gewerbegebiets Haidland betrachtet und der Stadt Reinbek darüber hinaus dazu ein Fragen gestellt.

Diese Fragen wurden auf der Informationsveranstaltung1 am 26.03.2024 beantwortet.

Für alle, die nicht teilgenommen haben, hier die zusammengefassten Antworten:

  1. Was passiert mit dem alten AWSH-Grundstück und wer bezahlt die Kosten für die Sanierung des Geländes?
    Hierzu gab es keine einheitliche Aussage. Herr Vogt (Stadt Reinbek) meinte, dass saniert werden muss und man die Kosten mit der AWSH aufteilen würde.
    Von der WAS (Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn) kam allerdings die Aussage, sie hätten bei der AWSH nachgefragt und laut Vertrag würde das Pachtgrundstück einfach zurückgegeben und die Stadt müsste sich um evtl. Sanierungen kümmern. Es wären aber keine großen Arbeiten nötig.
    Hier besteht also vermutlich noch Klärungsbedarf.
  1. Wie hoch sind die geschätzten Einnahmen durch das neue Gewerbegebiet?
    Nach mehrmaligem Nachfragen kam von der WAS die Aussage, dass die Einnahmen auf ca. € 750.000 / p. A. geschätzt werden.
    Die Berechnung erfolgt auf Basis der bisherigen Einnahmen / qm hochgerechnet auf die neuen Flächen.
    Es handelt sich allerdings nur um grobe Schätzungen, die sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung abweichen können. Letztendlich hängt es an der Wirtschaftsleistung der Betriebe, die sich dort ansiedeln, bzw. bei Umzügen an den Betrieben, die die verlassenen Grundstücke beziehen.
    (Anmerkung: Zu berücksichtigen ist auch, dass Investitionen – z. B. in neue Gebäude – die Gewerbesteuern in den ersten Jahren senken, ggf. auch keine Gewerbesteuern gezahlt werden müssen. Gleiches gilt für die Firmen, die ins Altgebiet ziehen.)
  1. Welche geschätzten Kosten entstehen der Stadt durch das neue Gewerbegebiet (in den nächsten 10-15 Jahren)?
    Eingeplant sind keine Kosten, da die Stadt wahrscheinlich keine Aufwendungen für die nächsten Jahre hat (außer Grünpflege sowie folgende Unterhaltungsmaßnahmen im Straßenbereich).
    Hier kann man allerdings davon ausgehen, dass Kosten für die Instandhaltung der Straßen notwendig sein werden. Das wird dann aber erst eingeplant, wenn die Sanierungen anstehen.
  1. Entstehen für die Bürger höhere Kosten bei der Entsorgung durch neue Richtlinien für die AWSH am neuen Standort (z. B. ist es noch möglich, den Grünabfall so wie heute einfach auf einer Freifläche zusammenzutragen)?
    Laut AWSH wird es keine direkten Kostenerhöhungen für den verlegten Standort Reinbek geben. Sollten höhere Kosten entstehen, werden sie auf die allgemeinen Kosten für die Abfallentsorgung in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg umgelegt.
  1. Wie wird sichergestellt, dass es keine Leerstände im alten Gewerbegebiet gibt und dort Bauruinen entstehen?
    Die Stadt hat hierauf keinen Einfluss.
    Laut Aussage der WAS sind aktuell im Gewerbegebiet scheinbar freie Immobilien nur aufgrund von Zeitverzögerungen bei Genehmigungen nicht genutzt.
    Die WAS versucht grundsätzlich, freigewordene Flächen möglichst schnell wieder zu aktivieren.
  1. Werden die Unternehmen verpflichtet, die Dachflächen mit Photovoltaik auszustatten und zu begrünen?
    Photovoltaik ist gesetzlich vorgeschrieben (sofern es aufgrund der Konstruktion des Gebäudes umsetzbar ist). Bei der Dachbegrünung hängt es vom Unternehmen ab. Bei lebensmittelverarbeitenden Betrieben ist das beispielsweise rechtlich nicht möglich.
    Es soll versucht werden, möglichst viele der sog. Sustainable Development Goals (Nachhaltigkeitsziele) zu erreichen. Angestrebt wird auch eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.
    So dürfen nur maximal 80% der Grundstücksfläche versiegelt werden.
    Die versiegelten Flächen werden über sogenannte Ausgleichsflächen kompensiert. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Flächen, die entsiegelt und renaturiert werden, sondern um freie Flächen, die “ökologisch aufgewertet“ werden sollen (z. B. Ackerflächen, die der intensiven Nutzung entzogen werden).
    Vollversiegelte Flächen müssen im Faktor 1:0,5 ausgeglichen werden (im Haidland-Erweiterungsgebiet also ca. 4 ha bei den geplanten 12 ha Erweiterung und 80% Versiegelung).
    Der wegfallende Knick muss im Faktor 1:2 ausgeglichen werden (allerdings wird durch Neuerstellungs eines Knicks schon Ausgleichsfläche geschaffen).

Aus dem Publikum gab es noch ein paar weitere interessante Fragen und Anmerkungen

So wird von einigen Bürgern zusätzlicher Verkehr über die Königstraße durch die Erweiterung erwartet. 

Der Punkt wurde aufgenommen und wird geprüft, allerdings werden keinerlei Maßnahmen für die aktuelle Verkehrslage durchgeführt. Dieser Punkt wurde an die anwesenden Politiker weitergeleitet.

Es wurde auch die Frage gestellt, ob sichergestellt sei, dass nur Reinbeker Betriebe profitieren. 

Hier verwies die WAS darauf, dass die Auswahl der Betriebe letztendlich durch die Stadtverordneten entschieden wird. Im Bebauungsplan kann das nicht definiert werden und die Stadt hat darauf keinen Einfluss.

Auch stellte sich die Frage, ob es nicht sinnvoll sei, z. B. Glinder Betriebe aufzunehmen.

  1. Die Unterlagen zur Informationsveranstaltung können auf reinbek.de heruntergeladen werden. ↩︎
Allgemein, Kommunalpolitik, Stadtplanung, Umwelt

Planung Gewerbegebietserweiterung Haidland first!

– Wir bauen uns ein Gewerbegebiet – wer nicht will, hat Pech gehabt –

Die Politik hat es am 22.02.2024 in der Stadtverordnetenversammlung (StVV) leider wieder nicht geschafft die Einwohner Reinbeks an Entscheidungen für Ihre Stadt zu beteiligen. Es ist kein Bürgerentscheid zur Gebietserweiterung, der zur Europawahl im Juni stattfinden sollte, mehr möglich. Schon im Vorfeld wurde ein Bürgerworkshop Stadtteilplanung Schönningstedt für € 80.000,- veranstaltet, der die Interessen und Meinungen der Bürger berücksichtigen sollte. Ergebnis war eine Ablehnung der avisierten Gewerbegebietserweiterung. Dies passte einigen Parteien nun gar nicht, die SPD gab offen zu, dass man vorhabe, im Haidland das Gewerbegebiet zu erweitern, die CDU sah das ebenso. Warum dann den Workshop? Um die Gemüter zu beruhigen?

Immerhin rangen sich einige in der Politik noch durch, einen Bürgerentscheid durchführen zu lassen. Obwohl eigentlich nur die Grünen gegen die Erweiterung waren, stimmten die Mitglieder fast aller Parteien – außer der CDU – dem Antrag zu. Das weitere Vorgehen in den Ausschüssen und der Stadtverordnetenversammlung machte diesen Eindruck jedoch zur Farce, man konnte sich nicht auf den Text zur Fragestellung im Bürgerentscheid einigen. War es Absicht, um die Frist verstreichen zu lassen und somit für den Entfall der Bürgermeinung zu sorgen? Im Hauptausschuss hatte die SPD noch für den Fragestellungstext gestimmt, warum stimmte sie in der StVV nun dagegen?

Der angeblich dringende Flächenbedarf ist ein Argument, die vermeintlich zu erzielende Gewerbesteuer ein weiteres und – ganz wichtig – „Die Verlegung des Recyclinghofes, die absolute Priorität hat, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende in der BZ vom 20.03.2024. Dieses Totschlagargument ist allerdings nur als Publicity und Tamtam zu werten, denn die AWSH müsste nicht verlegt werden, für die Anwohner ist laut einer früher erfolgten Umfrage nicht der Standort belastend, sondern die Zufahrt durch ihre Wohnstraße. Deshalb hätte man schnell und kostengünstig dieses Problem lösen können, siehe hier.

Fest steht, man hat den vermeintlichen Bürgerwillen über einen teuren Workshop ermittelt, um die Meinung dann zu ignorieren und den eigenen Parteiwillen durchzusetzen und Reinbeks Gewerbeflächen, die zum Teil leer stehen, um 10% zu erweitern.

Zu der geplanten Erweiterung und Infoveranstaltung „frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung“ (veröffentlicht online 18.03.2024) am 26.03.2024 um 19 Uhr im Sitzungssaal des Reinbeker Rathauses; also nur eine Woche später. Aber die Zeit drängt ja, wie man dem Artikel der Bergedorfer Zeitung (BZ) bzw. dem Abendblatt entnehmen kann.

Wir haben deshalb einmal ein paar Fragen zum neuen Gewerbegebiet zur Infoveranstaltung per Mail eingereicht:

• Was passiert mit dem alten AWSH-Grundstück und wer bezahlt die Kosten für die Sanierung des Geländes?
• Wie hoch sind die geschätzten Einnahmen durch das neue Gewerbegebiet?
• Welche geschätzten Kosten entstehen der Stadt durch das neue Gewerbegebiet (in den nächsten 10-15 Jahren)?
• Entstehen für die Bürger höhere Kosten bei der Entsorgung durch neue Richtlinien für die AWSH am neuen Standort (z. B. ist es noch möglich, den Grünabfall so wie heute einfach auf einer Freifläche zusammenzutragen)?
• Wie wird sichergestellt, dass es keine Leerstände im alten Gewerbegebiet gibt und dort Bauruinen entstehen?
• Werden die Unternehmen verpflichtet, die Dachflächen mit Photovoltaik auszustatten und zu begrünen?

Wir sind gespannt!

Kurzhistorie aus der Presse:

19.03.2024 Gewerbegebiet erweitern: Jetzt soll alles ganz schnell gehen

23.02.2024 Gewerbegebiet Haidland: Bürgerentscheid überraschend gekippt

06.12.2023 Gewerbegebiet: Dürfen die Bürger doch nicht mitreden?

20.11.2023 Streit ums Haidland: Jetzt sollen die Reinbeker entscheiden

18.10.2023 Politik stimmt für Erweiterung des Gewerbegebiets im Haidland

25.09.2023 Wird jetzt doch Gewerbe im Haidland möglich?

22.09.2015 Haidland-Erweiterung: Beschlossen ist nichts, oder?

30.06.2015 Reinbeker wollen Erweiterung von Firma verhindern

11.09.2014 Reinbek erweitert Gewerbegebiet Haidland

12.09.2013 35 Meter hohes Lager im Haidland?

18.07.2012 Neuer Gewerbehof entsteht im freien Zipfel des Haidlands

22.12.2011 Bürgerbegehren nicht zulässig

10.12.2011 Reinbek erweitert Gewerbegebiet

12.01.2010 Rückt Gewerbe ans Wohnidyll?

15.04.2009 P&C auf dem Sprung nach Reinbek

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